Nach dem schlechten Wetter in Klaipeda gab es ein Hochdruckgebiet. Allerdings waren wir schon wieder direkt drunter und die Windrichtung war wieder nicht wie angesagt. Als wir in Klaipeda losgefahren sind, hatten wir mit westlichem oder nordwestlichem Wind gerechnet. Das war er auch für ein paar Stunden aber dann drehte er auf Nord und blieb dort.
Nach etlichen Stunden Gegenanmotoren hatten wir genug und haben uns entschlossen, in der Stadt Liepaja eine Pause einzulegen. Dadurch sind wir doch nicht an Lettland vorbeigefahren und unsere lettische Gastlandflagge (rot-weiß-rot gestreift, der weiße Streifen dünner ist als die roten) war doch zu was nütze.
Ich hatte eine Industrieansammlung erwartet und wurde positiv überrascht. Der Hafenkanal war eine Industrieansammlung aber diese hier duftete nach frisch geschnittenem Holz, den hier wird Holz verladen statt Öl. Uns wurde zugewinkt von Arbeitern, die ein Frachtschiff beluden und wir bekamen einen ausgestreckten Daumen für unsere deutsche Flagge. Am kleinen Schwimmsteg für Yachten waren nur Gastboote und die Finnen aus Klaipeda waren auch schon da, um wie wir hier auf Südwind zu warten.
Am nächsten Morgen schien die Sonne und der Wetterbericht verhieß für den Abend einschlafenden Wind und ab Mitternacht Südwind. Der Stop war also eine gute Idee und hat uns 100sm Gegenanmotoren erspart.
Wir haben also den Tag in der Stadt verbracht und sie hat mir gefallen.
Es gab z.B. einen 3D-Stadtplan zum anfassen und eine schicke Konzerthalle aus orangem Glas, in der man herumlaufen konnte.
Ein erheblicher Teil der Häuser ist aus Holz, viele davon etwas heruntergekommen, andere gut in Schuß und sogar mit Bankfilialen drin.
Der Tag war auch für Emma ein Erfolg, denn in einem Park auf dem Weg zum Strand gab es ein vierrädriges viersitziges Tretmobil mit Elektrounterstützung zu mieten. Der Motor arbeitete nur, wenn man auch selbst tritt, aber Emmas Kraft allein hat dafür gereicht. Birgit und ich wurden eine halbe Stunde durch den Park kutschiert. Wir haben es zum Sportunterricht erklärt. Die Spannung stieg, als es ein abschüssiges Stück herunterging. Das Lenkrad hatte eine halbe Umdrehung Spiel, Emma war zu schwach für die Bremse und der Weg war voller Fußgänger. Also habe ich gebremst und Birgit hat Huperäusche gemacht, um die Fußgänger zu warnen. Unten hieß es sofort: „Nochmal!“
Am Strand sind wir nur ein paar Minuten rumgestanden und dann wieder gegangen. Wir sind halt keine Strandurlauber.
Als ich um 23h das Boot für die Weiterfahrt klar gemacht habe, lief ein Rockkonzert in einem Club direkt neben uns – noch ein nettes Erlebnis in diesem Notstopp. Einem Rockkonzert von Bord aus zuzuhören hatten wir schon einmal, in Angra Do Heroismo auf der Azoreninsel Terceira, aber hier war die Musik viel besser. Liepaja gehört jetzt auch zu unseren besonderen Boots-Erlebnissen wie schon zum Beispiel ein Konvoi mit 20 anderen Booten durch die Altstadt von Amsterdam mitten in der Nacht.
Die Nachtfahrt dann war viel angenehmer als die von Danzig, bei klarem Himmel und angenehmer Temperatur.
Die ganze nur 4 Stunden lange Nacht konnte man deutlich die Sonne aus dem Norden zu uns herunter leuchten sehen. Norden wir kommen!